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FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl im Exklusivinterview mit der serbischen Tageszeitung Srpski Telegraf und dem Newsportal republika.rs

FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl spricht im ausführlichen Exklusivinterview mit der serbischen Tageszeitung „Srpski Telegraf“ und dem Newsportal republika.rs über die Impfpflicht in Österreich, Novak Djoković, den EU-Integrationsprozess Serbiens und die Serbinnen und Serben in Österreich

HIER geht’s zum Interview auf republika.rs und nachstehend die deutschsprachige Übersetzung:

Srpski Telegraf / republika.rs: Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) ist die dritte politische Kraft im Land, erwarten Sie, dass die Popularität Ihrer Partei im nächsten Jahr weiter steigen wird, da ÖVP und SPÖ in den letzten Monaten an Zustimmung verloren haben?

Herbert Kickl: Die FPÖ hat es mittlerweile geschafft, in den Umfragen konstant bei 20% plus zu liegen. Damit sind wir in Schlagweite zu den beiden ehemaligen Großparteien, die aktuell mit jeweils rund 24% ausgewiesen werden. Die Schwäche der ÖVP, die vor etwas mehr als zwei Jahren bei der Nationalratswahl noch auf 37,5% der Stimmen gekommen ist, liegt mit Sicherheit in der Corona-Politik, aber auch an den unzähligen Korruptionsermittlungen, in die führende und ehemals führende Politiker der ÖVP verstrickt sind. Es wurde ein eigener Untersuchungsausschuss im Parlament eingesetzt, um all diese Korruptionsvorwürfe politisch aufzuarbeiten. Da droht der ÖVP noch weiteres Ungemach. Die SPÖ wiederum ist nach wie vor zu sehr mit sich selber beschäftigt. Vor allem in der Corona-Frage geht ein starker Riss durch die Partei. Während die SPÖ-Chefin so nahe wie möglich an der Regierung sein will, gibt es mit Hans-Peter Doskozil einen SPÖ-Landeshauptmann, der offen gegen seine eigene Chefin Stellung bezieht. Ich denke daher, die Vorzeichen stehen gut, dass die FPÖ mit ihrer klaren Linie in der Corona-Politik hier in eine gute Zukunft steuert.

Ist einer Ihrer Trumpfkarten die Ablehnung der strikten epidemiologischen Maßnahmen im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie der aktuellen österreichischen Bundesregierung? Es geht

hier nicht um Trumpfkarten, denn Corona ist kein Spiel. Im Begriff „freiheitlich“ steckt das Wort „Freiheit“. Sie ist der elementare Bestandteil einer Demokratie. Die FPÖ verteidigt daher die Grund- und Freiheitsrechte mit aller nötiger Entschlossenheit. Wir stehen Seite an Seite mit den hunderttausenden Menschen, die ebenso besorgt sind wie wir, wie leichtsinnig die Bundesregierung diese durch unsere Verfassung garantierten Rechte unter dem Deckmantel der Pandemiebekämpfung aufs Spiel setzt. Wenn man sich international umsieht, muss man festhalten, dass Österreich – vom Vatikan abgesehen – das einzige Land in Europa ist, das auf den Impfzwang setzt. Das ist ein gravierender Einschnitt.

Sie haben die jüngsten Proteste gegen die Einführung strenger epidemiologischer Maßnahmen angeführt, insbesondere gegen die Einführung einer Maßnahme zur Impfpflicht. Warum haben Sie eine solche Einstellung?

Die Coronaimpfung schützt – aber sie wirkt nicht gut genug. Die Regierung hat ihre Versprechen am laufenden Band gebrochen. Es wurde behauptet, dass für doppelt Geimpfte die Pandemie vorbei ist. Es wurde mehrfach garantiert, dass es keine allgemeine Impfpflicht geben wird, und die ÖVP hat die Pandemie ebenso mehrfach schon für beendet erklärt. All das hat nicht gestimmt. Die vorhandenen Impfstoffe bieten weder eine klinische, noch eine sterile Immunität. Jeder Geimpfte kann also selber erkranken und das Virus auch an andere weitergeben. Daher ist die Impfung nicht imstande, uns aus der Pandemie zu führen. Und deshalb ist die Zwangsimpfung entschieden abzulehnen.

Wie sollte Ihrer Meinung nach, der Kampf gegen die Pandemie aussehen?

Wir haben nach vielen Gesprächen mit Medizinern und anderen Experten unseren „Plan B“ präsentiert. Er basiert auf drei Säulen: flächendeckende Erhebung von Antikörpern, um zu sehen, wer geschützt und wer nicht. Dabei muss es auch egal sein, ob die Antikörper von einer Impfung oder auf natürlichem Wege durch eine durchlaufene Erkrankung entstanden sind. Wir müssen auch wegkommen vom sinnlosen Testen gesunder Menschen, sondern die vorhandenen Kapazitäten in sensiblen Bereichen wie Altenheimen oder Krankenhäusern und bei Menschen mit Symptomen nützen. Der dritte – und vielleicht wichtigste – Teil des „Plan B“ ist aber die Sicherstellung der frühzeitigen medikamentösen Behandlung von Covid-Infizierten. Wer heute einen positiven Test bekommt, muss bei einem Callcenter anrufen. Dort wird einem aufgetragen, zuhause zu bleiben. Und man bekommt den Hinweis, die Rettung zu rufen, falls der Patient schwere Symptome entwickelt. Das ist ein Armutszeugnis für ein hoch entwickeltes Land wie Österreich. Kranke Menschen müssen behandelt werden. Durch den frühzeitigen Einsatz von bereits seit Langem zugelassenen Medikamenten können viele schwere Verläufe verhindert und so das Gesundheitssystem entlastet werden.

Was ist die größte Herausforderung für Österreich, nachdem es in der Vergangenheit von politischen Turbulenzen an der Regierungsspitze erschüttert worden war, vor allem durch den Abgang von Sebastian Kurz und die Ermittlungen gegen ihn und einige andere Funktionäre? Die zahlreichen unappetitlichen Skandale aus dem türkisen Umfeld des Ex-Kanzlers haben das ohnehin schon lange angeschlagene Vertrauen der Österreicher in die Politik schwer erschüttert. Hinzu kommt, dass sich auch nach Kurz‘ Rücktritt nichts gebessert hat. Die Bürger werden – vor allem in der Corona-Politik – mit falschen Versprechen und völlig evidenzbefreiten Maßnahmen gequält. Ich habe letztes Jahr gesagt: Kurz muss weg! Das ist gelungen, und ich jetzt sage ich: Die Regierung muss weg! Das ist die notwendige Grundlage für einen sauberen politischen Neubeginn in Österreich.

Wie beurteilen Sie den aktuellen Bundeskanzler Karl Nehammer und welche Erwartungen haben Sie an ihn?

Er ist kein Unbekannter – ich konnte seine politische Arbeit bereits im Innenministerium mitverfolgen. Seine Bilanz als Innenminister ist verheerend – er und die ihm unterstehenden Sicherheitsbehörden haben nicht nur im Vorfeld des islamistischen Anschlags in Wien schwere Fehler begangen, unter seiner Amtszeit ist auch die Zahl der illegalen Zuwanderer wieder stark angestiegen. Hier werden Erinnerungen an die Flüchtlingswelle der Jahre 2015/2016 wach. Und was seine Rolle als neuer Bundeskanzler betrifft: In allen Wortmeldungen seit seinem Amtsantritt hat Nehammer davon geredet, dass er die Gesellschaft einen will – gleichzeitig hat er aber durch die Corona-Maßnahmen wie den Lockdown für Ungeimpfte und nun das Gesetz für den Impfzwang Handlungen gesetzt, die diese Spaltung weiter vorantreiben. So gesehen haben sich meine Befürchtungen in Bezug auf Nehammer leider bewahrheitet.

Ihr Vor-Vorgänger als FPÖ-Chef, Heinz Christian Strache, hat immer wieder Äußerungen abgegeben, die eine große Zuneigung zu Serbien widerspiegeln. Was ist Ihre Meinung zu unserem Land?

Serbien ist ein bedeutender europäischer Staat mit einer sehr gehaltvollen Geschichte, welche auch immer wieder mit dem Schicksal Österreichs verbunden war. Auch heute ist Serbien ein wichtiger Teil der europäischen Völkergemeinschaft sowie ein Faktor für Stabilität am Balkan.

Herr Strache sagte sogar, dass er, wenn er Staatsoberhaupt wäre, daran arbeiten würde, die österreichische Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo zurückzuziehen. Was ist Ihre Meinung zu diesem Thema?

Ich weiß, dass erst im Oktober 2021 unser FPÖ-Delegationsleiter im Europäischen Parlament Harald Vilimsky in Belgrad war und intensive Gespräche mit dem serbischen Parlamentspräsidenten Ivica Dacic führte. Auch mit anderen Vertretern der Regierungsparteien SNS und SPS fand ein Austausch statt. Fakt ist, dass der Kosovo mehr einem „failed state“ gleicht, als einem souveränen Staat. Noch immer ist zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und zur Verhinderung von gewalttätigen Ausbrüchen eine internationale Militärmission dort im Einsatz. Besonders besorgniserregend sind die im Kosovo herrschende organisierte Kriminalität und islamistische Netzwerke.

Österreich ist eines der europäischen Länder mit dem höchsten serbischen Bevölkerungsanteil. Sie haben in Interviews mit serbischen Medien erwähnt, dass es in Ihrer Partei Serben gibt. Was ist ihre Rolle und welche Rolle spielen serbischstämmige Bürger in Österreich im Allgemeinen? Sind sie ein wichtiger politischer Faktor?

Es stimmt, dass es innerhalb der freiheitlichen Familie serbischstämmige Mitglieder und Funktionäre gibt – welche ich keinesfalls missen möchte. Viele Serben haben sich in Österreich niedergelassen, gut integriert und sind Teil unserer Gesellschaft geworden. Meiner Meinung nach zeichnen sich viele serbischstämmige Mitmenschen nicht zuletzt dadurch aus, dass sie über einen sehr gesunden Hausverstand verfügen – ein Charakteristikum, das vielen westeuropäischen Politikern verloren gegangen ist.

Wie beurteilen Sie die Hinwendung Serbiens zu Russland und China, obwohl das Ziel des offiziellen Belgrads die EU-Mitgliedschaft ist?

Derartige Erwägungen, wie sie die Beziehungen zu anderen Staaten ausgestalten, müssen die Serben wirklich für sich selbst entscheiden. Mein persönlicher außenpolitischer Zugang ist, dass man sich gegenüber keinem anderen Staat vollkommen verschließen sollte, ebenso wenig sollte man sich von den Interessen eines anderen Staates vereinnahmen lassen. Eine unabhängige und neutrale Außenpolitik war mir immer ein hohes Anliegen für Österreich. Ich kann eine derartige Positionierung nur empfehlen. Serbien kann ebenfalls auf eine Tradition als Brückenbauer zwischen Ost und West zurückblicken.

Was ist Ihrer Meinung nach, das Wichtigste, dass Serbien tun muss, um seinen Weg zur Union freizumachen und endlich der Mitgliedschaft in dieser Gemeinschaft näher zu kommen?

Nun, das serbische Volk muss frei darüber entscheiden können, ob es tatsächlich Teil der Europäischen Union werden will oder nicht. Ich könnte mir jedenfalls gut vorstellen, dass Serbien – sofern es EU-Mitglied werden will – eine Stütze gegen die Fehlentwicklungen der Union wird und den nötigen Reformdruck verstärkt.

Waren Sie schon einmal in Serbien und wenn ja, was haben Sie hier gesehen und haben Sie eine Spezialität oder ein traditionelles Getränk wie „Rakija“ probiert? Wenn Sie noch nie in Serbien waren, planen Sie einen Besuch und was ist Ihre erste Assoziation mit Serbien?

Leider hatte ich persönlich noch nicht das Vergnügen, Serbien zu besuchen, möchte das aber gerne bei Gelegenheit nachholen.

Was wünschen Sie sich für sich, was für Österreich und was für Serbien im neuen Jahr?

 Ich wünsche mir für alle das Gleiche: Nämlich, dass alle Österreicher und Serben wieder ein normales Leben in Freiheit leben können.

Die Impfpflicht tritt bald in Kraft, wie werden Sie reagieren, lassen Sie sich impfen, da sonst Strafen drohen?

Durch meine Corona-Infektion im November, bei der ich nur einen leichten Verlauf hatte, bin ich bis Mai 2022 als offiziell Genesener vor dem Impfzwang geschützt. Das Tragische ist: Ganz egal, wie hoch mein Antikörper-Status dann sein wird – der Gesundheitsminister stempelt mich dann von einem Tag auf den anderen zum Ungeimpften. Das ist fachlich durch nichts zu rechtfertigen und ein kompletter Unsinn. Und noch ist ja nicht klar, ob die Regierung so weit gehen und das systematische Strafen der ungeimpften Menschen im Land anordnen wird. Durch den Protest der Menschen auf der Straße und unseren heftigen politischen Widerstand haben wir es geschafft, dass die Regierung in dieser Frage bereits ein Rückzugsgefecht begonnen hat. Sie gilt erst ab 18, und der eigentliche Beginn wurde auch um Wochen nach hinten verschoben. Aber ein Versprechen gebe ich: Ich werde mich nicht impfen lassen – und ich pflege meine Versprechen im Gegensatz zur Regierung auch zu halten.

Gibt es aufgrund des Inkrafttretens dieser Maßnahme neue Proteste im Land?

Ich denke, dass die Proteste weitergehen werden – und zwar solange, bis der Lockdown für Ungeimpfte und die Zwangsimpfung fallen werden. Innerhalb des letzten Jahres hat sich viel Protestpotential entwickelt in unserem Land. Man darf nicht vergessen, dass die Demo-Kultur in unserem Land bislang nicht sehr ausgeprägt war. Daran sieht man aber, wie sehr die Österreicher von den Plänen der Regierung aufgewühlt werden.

Die ganze Welt war Zeuge der Ereignisse in Australien in den vergangenen Tagen und der Tortur, die der serbische Tennisspieler Novak Djoković durchgemacht hat. Wie kommentieren Sie diese Ereignisse?

Ich kenne den Fall natürlich nicht im Detail, sondern auch nur Medienberichte darüber. Die Affäre spiegelt leider die vorherrschende Stimmung wider. Ungeimpfte sind potentielle Gefährder und sollen als Sündenböcke abgestempelt werden. Djokovic ist einer der erfolgreichsten Sportler der Welt. Er ist kerngesund. Sein einziger „Fehler“ ist es, ungeimpft zu sein. Ich denke, er hat diese Entscheidung in Rücksprache mit seinem Ärzte-Team getroffen. Das ist zu respektieren.

Inwiefern ist das Urteil gegen Djoković politisch motiviert und wie viel hat es mit der Position der internationalen Gemeinschaft zur Impfpflicht zu tun?

Wie bereits erwähnt. An Djokovic wurde ein politisches Exempel statuiert. Aus epidemiologischer Sicht ist damit kein Schritt nach vorne gelungen, denn wäre es möglich gewesen, dass er an den Australian Open teilnimmt. Schauen Sie nur zu Olympia in Tokio – auch hier wurde es geschafft, die Sportler in einer künstlich geschaffenen „Bubble“ zu halten, um ihnen eine sichere Teilnahme an den Wettkämpfen zu ermöglichen.

Halten Sie Novak Djoković für einen der Anführer der Impfgegner, wie ihn einige internationale Medien genannt haben?

Das kann ich nicht beurteilen. Da er seinen Impfstatus nicht offensiv bekannt gegeben hat, denke ich eher nicht, dass er hier eine internationale Gallionsfigur sein will. Ich denke, er will einfach seinen Sport ausüben und die Welt mit seinem Tennis begeistern. Und wie bereits erwähnt: Seine Entscheidung, die Impfung offenbar abzulehnen, ist mit Sicherheit nach Rücksprache mit seinem Ärzteteam erfolgt und hatte Gründe. Und so sollte es auch sein: Jeder, der sich gegen eine Impfung entscheidet, soll das tun können. Dass ihm daraus persönliche oder berufliche Nachteile erwachsen, lehne ich ab.

 

Danke für das Gespräch! 

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