Bürgermeister Dr. Michael Ludwig spricht im Interview mit der serbischen Presseagentur Tanjug über die Auswirkungen von Covid19, seine Zukunftspläne für Wien und die serbische Gemeinschaft.
Wie kann sichergestellt werden, dass Wien auch in Zukunft die lebenswerteste Stadt der Welt bleibt?
Diese weltweit höchste Lebensqualität auch in Zukunft zu erhalten, ist ein ganz wichtigstes Ziel unserer Politik. Und das können wir, weil wir wissen, welche Themen den Wienerinnen und Wienern am Herzen liegen: Arbeit, Bildung, Gesundheit und Wohnen. Und dementsprechend kämpfen wir in der Corona-Krise um jeden einzelnen Arbeitsplatz und setzen mit dem „Wien Bonus“ wichtige Impulse für die Wirtschaft. Die Lehrplatzoffensive stellt sicher, dass Jugendliche und junge Erwachsene auch in schwierigen Zeiten genügend Ausbildungsplätze und Qualifizierungsangebote vorfinden. Beste Bildungschancen für unsere Kinder ermöglicht die neue Ganztagsschule und dank unserer Wohnbauoffensive bleibt Wohnen in Wien leistbar. Und damit auch in Zukunft alle Wienerinnen und Wiener Zugang zu Spitzenmedizin haben, investieren wir kräftig in das Wiener Gesundheits- und Pflegesystem und geben die Wiener Pflegegarantie. Damit die Wienerinnen und Wiener auch in Zukunft in Würde altern können. So bleibt Wien auch in Zukunft die sozialste und lebenswerteste Stadt der Welt.
Was würden Sie mit Ihrem neuen Mandat tun, dass Sie bisher nicht getan haben?
Ich bin jetzt etwas mehr als zwei Jahre Bürgermeister von Wien und empfinde das als großes Privileg – weil ich meine Heimatstadt einfach liebe. Und ich würde mich sehr freuen, wenn mir die Wienerinnen und Wiener ihr Vertrauen aussprechen. Dafür verspreche ihnen, alles zu tun, damit Wien die Corona-Krise so rasch wie möglich hinter sich lässt. All jenen, die unter den sozialen und wirtschaftlichen Folgen leiden, helfen wir durch diese herausfordernde Zeit. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und vor allem die jungen Menschen sollen wieder alle Chancen vorfinden. Damit Wien das bleibt, was es ist, ein Ort, an dem man gut und gerne lebt!
Von der Bundesregierung kommt heftige Kritik an den Corona-Maßnahmen in Wien. Können Sie diese nachvollziehen?
Natürlich kann man immer alles besser machen. Das Coronavirus hat uns alle vor eine völlig neue Situation gestellt. Nicht nur im Gesundheitswesen, sondern auch, was die Auswirkungen auf Wirtschaft, Arbeitsmarkt und das Bildungssystem betrifft. Das gilt nicht nur für die Wien, da ist auch auf Seiten der Bundesregierung vieles nicht gut gelaufen. Aber: Im Vergleich mit anderen Millionenstädten ist Wien bis dato gut durch die Krise gekommen. Und jetzt tun wir alles, um die Infektionszahlen zu senken. Deshalb finde ich die Kritik auch überzogen und dem Wahlkampf geschuldet: Man versucht bewusst, Wien schlecht aussehen zu lassen. Das ist nicht fair, denn die Corona-Zahlen sind in ganz Österreich gestiegen und auch international zeigt sich dasselbe Bild. Es täte der Bundesregierung und hier insbesondere der ÖVP gut, vor der eigenen Türe zu kehren, anstatt ständig mit dem Finger auf Wien zu zeigen.
Was tut Wien, um das Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen?
Wir sind da auf einem guten Weg, weil wir entschlossen dagegen steuern – mit mehr Personal für das Gesundheitstelefon und für die Nachverfolgung, mit der Gratis-Grippeimpfung, mit einer weiteren Corona-Teststraße auf der Donauinsel, der Pflicht-Gästeliste in der Gastronomie und mit noch mehr und noch schnelleren Tests. So gelingt es, die Infektionszahlen wieder zu senken! Und die letzten Zahlen sind vielversprechend. Die Neuinfektionen stagnierten zuletzt.
Besteht die Gefahr, dass es im Winter keine Plätze in Wiens Spitälern gibt?
Nein, niemand muss sich Sorgen machen. Die Behandlung hat sich in der Zwischenzeit verbessert, und es gibt einen optimierten Spitalsplan: So kann, wenn es die Situation erfordert, mittlerweile jedes Krankenhaus in Wien Corona-Stationen eröffnen. Außerdem sind Spitäler und Pflegewohnhäuser mit Risikopatienten streng geschützt. Eben weil Wien ein starkes öffentliches Gesundheitssystem hat, sind wir so gut wie möglich durch den Lockdown gekommen und das wird wieder der Fall sein.
Wie wichtig ist die serbische Gemeinschaft für die Entwicklung Wiens?
Sehr, denn die Band zwischen Serbien und Wien sind eng. Serbien ist das wichtige Herkunftsland von Wienerinnen und Wienern mit ausländischer Herkunft: 101.813 WienerInnen hatten Anfang 2019 eine serbische Herkunft. Wien ist damit umgerechnet die viertgrößte „serbische Stadt“ der Welt. Zehntausende kamen in den vergangenen Jahrzehnten, zuerst flohen sie vor der hohen Arbeitslosigkeit im Land, dann vor dem Krieg am Balkan. Und was am Wichtigsten ist: Eine deutliche Mehrheit der Serbinnen und Serben fühlt in Österreich sehr bzw. eher integriert. Das ist sehr erfreulich und zeigt, dass viele Serbinnen und Serben hier in Wien heimisch geworden sind.
Knapp 500.000 Menschen haben bei der bevorstehende Wien Wahl am 11.10.2020 kein Wahlrecht. Sollten Drittstaatsangehörige das Wahlrecht auf Bezirksebene erhalten?
Ich persönlich bin immer der Meinung, dass das Wahlrecht bei den gesetzgebenden Körperschaften verbunden mit der österreichischen Staatsbürgerschaft verbunden sein sollte. Ich will aber auch ein modernes StaatsbürgerInnenrecht, das schneller und einfacher Teilhabe ermöglicht und das nicht zwischen arm und reich trennt. Hohe Hürden durch Gebühren, Einkommensgrenzen und Aufenthaltsdauer sollen abgebaut werden.
Wie ist Ihre Beziehung zur serbischen Gemeinschaft in Wien und können wir nach den Wahlen eine Intensivierung der Zusammenarbeit sowie eine proaktive Politik gegenüber den österreichischen Serben erwarten?
Ich suche grundsätzlich das Gespräch mit allen Gemeinschaften in Wien, denn ich fühle mich als Bürgermeister aller Wienerinnen und Wiener. Aber selbstverständlich ist die serbische Gemeinschaft alleine schon aufgrund ihrer Größe sehr wichtig für Wien. Und das spiegelt sich auch in der Sozialdemokratie wieder: Mit Silvia Jankovic haben wir zum Beispiel eine tolle Kandidatin, die sehr gute Chancen hat. Bezirksvorsteherin von Margareten zu werden. Und eben diese Vielfalt zeigt sich auch tagtäglich in unserem politischen Handeln.