Im Rahmen unserer Sommerinterviewreihe erscheinen in der auflagenstärksten serbischen Tageszeitung Blic sowie dem Newsportal blic.rs mehrere Interviews mit österreichischen Spitzenpolitikern.
Vizekanzler Werner Kogler spricht im Interview über die Serbinnen und Serben in Österreich, den schleppenden EU-Erweiterungsprozess und die serbische Außenpolitik.
Hier geht’s zum Interview mit Blic / blic.rs:
Wie beurteilen Sie die politische Teilhabe der in Österreich lebenden Serbinnen und Serben?
Ich sehe da zwei Gruppen: österreichische Staatsbürger:innen mit serbischen Wurzeln sowie Serbinnen und Serben. Als Vizekanzler ist es mir ein Anliegen alle Menschen, die in Österreich leben, am politischen Leben zu beteiligen. Demokratie kann nur funktionieren, wenn möglichst alle teilhaben.
Setzen Sie und Ihre Partei sich für die Interessen der Serbinnen und Serben in Österreich ein und in welcher Weise?
Wir treten für ein liberales Staatsbürgerschaftsrecht und einen offeneren Zugang zu einer Doppelstaatsbürgerschaft ein. Es erleichtert das Ankommen auch im politischen Leben, wenn jemand die österreichische Staatsbürgerschaft hat.
Serbinnen und Serben können jedenfalls schon heute in allen AK-Gremien und in Betrieben mit Betriebsrat die vollen Mitwirkungsrechte ausüben. Sowohl mit aktivem als auch passivem Wahlrecht. Dafür haben wir uns jahrelang eingesetzt und das auch durchgesetzt. Das honoriert auch die wichtige Rolle der Serbinnen und Serben am österreichischen Arbeitsmarkt.
Überdies treten wir natürlich auch dafür ein, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die gleichen sozialen Rechte genießen.
Was würden Sie ändern und haben Sie konkrete Vorschläge?
Wie schon gesagt ein liberales Staatsbürgerschaftsrecht, eine zügige Annäherung und Beitritt Serbiens zur europäischen Union und gleiche Rechte am Arbeitsmarkt sind Leitlinien des politischen Handelns unabhängig von der Staatsbürgerschaft.
Gibt es in Ihrer Partei serbischstämmige Mitglieder?
Ja.
Unterstützen Sie den europäischen Weg Serbiens, womit sind Sie diesbezüglich mit der serbischen Staatsführung unzufrieden und womit zufrieden?
Wir unterstützen die Beitrittsbemühungen Serbiens als wichtiges Projekt zur Vollendung des Europäischen Friedensprojektes. Ohne die Westbalkanstaaten hat die Union eine politisch und geografisch sichtbare Lücke. Diese sollte zum Nutzen beider Seiten geschlossen werden. Gerade Österreich versteht sich nicht zuletzt aufgrund der intensiven wirtschaftlichen, kulturellen und persönlichen Naheverhältnisse als Anwalt eines Beitrittes Serbiens und aller anderer Staaten des früheren Jugoslawien.
Wie kommentieren Sie die derzeitige Stagnation Serbiens auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft?
Die schleppenden Fortschritte im Beitrittsprozess Serbiens sind nicht im Interesse der Republik Österreich.
Wie viel Verantwortung dafür trägt die serbische Regierung, wie viel die EU?
Es ist nicht zweckmäßig die Schuld an diesen Verzögerungen zu verteilen. Vielmehr sollten beide Seiten im beiderseitigen Interesse an zügigeren Fortschritten arbeiten. Dass für den nächsten Westbalkangipfel am 6.10. in Brdo wegen der Kosovo-Statusfrage keine gemeinsame Erklärung mit den Staaten des Westbalkan zustande kommt, ist bedauerlich.
Was sagen Sie dazu, dass derzeit viele EU-Mitgliedsstaaten gegen die Erweiterung sind?
Die Skeptiker eines EU-Beitrittes in der EU werden sich von den Fortschritten in Hinblick auf europäische Werte und Rechtsstaatlichkeit überzeugen lassen. Das ist die Erfahrung aus den bisherigen Erweiterungsschritten. Und damit wird die Vollendung des Friedensprojektes Europa abgeschlossen werden können.
Wie beurteilen Sie die Außenpolitik Serbiens, da sie in bestimmten Segmenten der Außenpolitik der Europäischen Union widerspricht, insbesondere in Bezug zu Russland und China?
Ich verstehe die Beziehungen Serbiens zu Russland und China auch als eine Antwort auf den langwierigen Beitrittsprozess zur EU. Präsident Vučić pflegt die Beziehungen zu China und Russland nicht zuletzt aus wirtschaftlichem Eigeninteresse. Letztlich wird sich aber das europäische Versprechen Bahn brechen und Serbien seinen Platz in der Union einnehmen. Für Österreich ist Serbien ein wichtiger Partner.
Serbien, haben Sie schon eine serbische Spezialität probiert und planen Sie einen Serbien-Besuch?
Mein letzter Aufenthalt in Serbien liegt schon lange zurück, damals noch im ehemaligen Jugoslawien. Immer wieder genieße ich Sarma, die mir schon seit meinen Jugendtagen sehr gut schmecken.
Ende