Lesen Sie hier die Originalinterviews mit Karl Nehammer (ÖVP), Thomas Drozda (SPÖ), Nikola Donig (Neos) und Angela Stoytchev (Grüne) inkl. deutschsprachiger Übersetzung.
Karl Nehammer, ÖVP
Generalsekrteär
Als neue Volkspartei ist es uns ein Anliegen, Österreich zurück an die Spitze zu bringen und den erfolgreichen Weg von Sebastian Kurz weiterzugehen. Davon profitieren alle Österreicherinnen und Österreicher unabhängig von ihrer Ethnie.
Als Volkspartei sehen wir uns als politische Heimat für all jene, die Österreich positiv gestalten wollen und sich mit den Grundsätzen der neuen Volkspartei identifizieren. Es kommt nicht darauf an, woher jemand kommt, sondern darauf, wofür ein Mensch eintritt und arbeitet. Wir wollen die Chancen der Vielfalt bestmöglich für Österreich nützen. Wir laden Bürgerinnen und Bürger ein, gemeinsam Verantwortung für unser Land, seine Menschen und seine Zukunft zu übernehmen. Denn wir sind die Volkspartei. Als Volkspartei ist es uns selbstverständlich ein Anliegen, ein offenes Ohr für die Bedürfnisse der nahezu 300.000 austro-serbischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu haben, die einen großartigen Beitrag zur Entwicklung und zum Wohlstand unseres Landes leisten. Sie sind jederzeit eingeladen, sich mit ihren Ideen und Anliegen auch in der Volkspartei zu engagieren.
Die Entwicklung des Westbalkans ist der Volkspartei seit jeher ein wichtiges Anliegen. Sebastian Kurz und die Vertreter der neuen Volkspartei haben sich auch auf europäischer Ebene stets als Partner der Länder des Westbalkans engagiert. Denn die Sicherheit und Stabilität Europas ist auch abhängig von der Sicherheit und Stabilität in Europas Nachbarschaft. Dazu gehört insbesondere eine klare Beitrittsperspektive für die Länder des Westbalkans, ohne die das geeinte Europa unvollständig bliebe. Eine klare europäische Perspektive für die Staaten des westlichen Balkans wirkt nicht nur stabilisierend für die gesamte Region, sondern stärkt Wohlstand, Sicherheit und Zukunftschancen, auch und gerade für die jungen Menschen in diesen Ländern.
Wir verstehen uns daher auf internationaler Bühne stets als Brückenbauer und Vermittler. Im Sinne aller wollen wir dazu beitragen, dass offene Fragen in der Region konstruktiv verhandelt und beigelegt werden. Eine Fortsetzung und Intensivierung des Dialogs werden wir immer und in jeder Hinsicht unterstützen. Wir sehen darin unsere besondere österreichische Verantwortung für eine gute gemeinsame Zukunft unserer Länder im gemeinsamen Europa.
Thomas Drozda, SPÖ
Bundesgeschäftsführer
Kennen Sie die politischen Anliegen, Bedürfnisse und Wünsche der in Österreich lebenden Serbinnen und Serben und wie lauten diese?
Alle Menschen in Österreich, so auch jene mit serbischen Wurzeln, haben ähnliche Anliegen, Bedürfnisse und Wünsche: Leistbares Wohnen, sichere Arbeitsplätze, faire Entlohnung, eine gute Schulbildung, soziale Sicherheit sowie Pensionen, die ein Altern in Würde ermöglichen. Mir ist bewusst, dass serbisch-stämmige Menschen eine starke Bindung zum Herkunftsland haben, sodass Themen wie der EU-Beitritt Serbiens, aber auch das Thema Kosovo für sie eine wichtige Rolle spielen.
Welche inhaltlichen Angebote richtet die SPÖ konkret an die Zielgruppe „Austro-Serben“ und warum sollten die in Österreich wahlberechtigten Serbinnen und Serben gerade die SPÖ wählen?
Wir setzen uns für eine inklusive Gesellschaft ein, die alle Menschen gleich behandelt und vor Ausgrenzung schützt. Unsere Bürgerinnen und Bürger serbischer Herkunft haben maßgeblich zum wirtschaftlichen Aufschwung in Österreich beigetragen. Sie sind ein Teil von uns. Wir sind alle Österreicherinnen und Österreicher. Wir kämpfen für eine Gesellschaft ohne Diskriminierung und für eine Gesellschaft sozialer Gerechtigkeit. Konkrete Maßnahmen, für die wir eintreten, sind niedrigere Mietpreise, indem wir die Mehrwertsteuer auf Mieten abschaffen, die Einführung einer Millionärssteuer, mehr Investitionen in unser Schulsystem, die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen. Die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger in Österreich sind gleich, alle wollen und verdienen ein menschenwürdiges Leben.
Mit welchen ethnienspezifischen Maßnahmen und Aktionen werben Sie innerhalb der Zielgruppe Austro-Serben für Ihre Partei und Politik und wie hoch ist der budgetäre Anteil, den Ihre Partei für diese Werbemaßnahmen in die Hand nimmt, im Vergleich zum gesamten Wahlkampfbudget?
Wir machen Hausbesuche, organisieren oder besuchen Veranstaltungen, die von serbisch-stämmigen Menschen ausgerichtet werden. Wir sind viel mit den Menschen in Kontakt, um uns ihre Probleme und Anliegen anzuhören und aufgrund dieser Erkenntnisse unsere Politik zu gestalten.
Wie viele politische Amtsträger (Bürgermeister, Landtage, Nationalrat) mit serbischem Background gibt es in der SPÖ?
Wir führen keine Statistiken darüber. Wir sind jedenfalls die einzige Partei, die im Parlament einen Abgeordneten mit serbischen Wurzeln hat, nämlich unseren Christian Kovačević.
Wie viele Personen mit serbischem Background arbeiten derzeit in Ihrem Wahlkampfteam und was sind deren Aufgaben?
Wir haben zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit serbischen Wurzeln in unserem Team, die in unterschiedlichsten Abteilungen arbeiten – von der Organisation bis zum Kommunikationsteam.
Ist der Dialog zwischen Belgrad und Priština möglich so lange der Kosovo die 100% Einfuhrzölle auf Waren aus Serbien aufrecht hält?
Es ist enorm wichtig, sich an Verträge zu halten. Ich bin der Meinung, dass die Einführung von Zöllen der
falsche Weg ist, um politische Ziele zu verfolgen.
Ist ein Kompromiss möglich und notwendig oder sollen lediglich die Forderungen einer Seite akzeptiert werden?
Meiner Meinung nach ist ein Kompromiss immer möglich. Zum Kompromiss gibt es keine verantwortbare Alternative. Es ist wichtig, dass der Wille da ist.
Sollten sich zusätzlich zur EU auch die USA und Russland zur Lösung des Konflikts einschalten?
Ich bin der Meinung, dass die EU dieses Problem bewältigen kann. Schließlich ist das ein europäisches Anliegen, denn Serbien liegt im Herzen Europas.
Nikola Donig, Neos
Generalsekretär
Kennen Sie die politischen Anliegen, Bedürfnisse und Wünsche der in Österreich lebenden Serbinnen und Serben und wie lauten diese?
Alle Menschen in unserem Land erwarten sich und verdienen sich eine transparente und anständige Politik. Sie verdienen die Freiheit, ihre persönlichen Ziele zu erreichen und die Gewissheit, dass wir alles dafür tun, damit jede Generation ihre Chancen wahrnehmen kann. Es braucht Menschen, die ihre Zukunft und die unserer Kinder entschlossen in die Hand nehmen. Bei keiner anderen Partei steht die Tür für mutige Bürger_innen – so auch für alle Serbinnen und Serben – so weit offen wie bei uns NEOS.
Welche inhaltlichen Angebote richtet Ihre Partei konkret an die Zielgruppe „Austro-Serben“ und warum sollten die in Österreich wahlberechtigten Serbinnen und Serben gerade Ihre Partei wählen?
Weil wir NEOS am konsequentesten für jene Zukunftsthemen eintreten, die auch für Austro- Serbinnen und -Serben wichtig sind. Da geht es ganz stark um die beste Bildung für unsere Kinder, weil wir der Meinung sind, dass Chancen nicht vererbt werden dürfen, sondern diese für alle Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung stehen sollen. Es geht aber auch um eine nachhaltige Politik im Sinne des Klima- und Umweltschutzes. Und wir sind die einzige Partei, die für eine enkelfitte Reform des Gesundheits- und Pensionssystems eintreten. Nicht zuletzt geht es uns auch darum, die Menschen in Österreich deutlich zu entlasten, damit sie sich wieder etwas aufbauen können. Das heißt: Arbeit radikal entlasten, Lohnnebenkosten senken, Innovation und gute Entscheidungen für die Umwelt belohnen und Umweltverschmutzung endlich besteuern. Und ja, auch das gemeinsame Europa ist uns ein Grundanliegen, das wir stets mit uns mittragen.
Mit welchen ethnienspezifischen Maßnahmen und Aktionen werben Sie innerhalb der Zielgruppe Austro-Serben für Ihre Partei und Politik und wie hoch ist der budgetäre Anteil, den Ihre Partei für diese Werbemaßnahmen in die Hand nimmt, im Vergleich zum gesamten Wahlkampfbudget?
Wir sind gerade dabei, unsere Werbe- und Kommunikationsausgaben zu planen. Da wir ein sehr knappes Budget haben, versuchen wir mit möglichst geringen Mitteln möglichst viele interessierte Bürger_innen zu erreichen. Dabei spielen Medien, die quer durch alle Gruppen gelesen werden, natürlich eine besondere Rolle.
Wie viele politische Amtsträger (Bürgermeister, Landtage, Nationalrat) mit serbischem Background gibt es in Ihrer Partei?
Wir ermuntern alle Menschen sich politisch zu engagieren und freuen uns über jede und jeden, der sich bei uns einbringen möchte. Bei NEOS gibt es für alle Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit sich aktiv zu engagieren – sei es bei der Erstellung von Positionen oder auch als Kandidatin oder Kandidat. Bei unseren Abgeordneten – egal auf welcher Ebene – führen wir nicht Buch, woher sie stammen. Zudem haben wir auch eine NEOS Diversity Group ins Leben gerufen um gezielt interessierte Menschen mit Migrationshintergrund anzusprechen, damit ihre Meinungen und Erfahrungen gehört werden können.
Wie viele Personen mit serbischem Background arbeiten derzeit in Ihrem Wahlkampfteam und was sind deren Aufgaben?
In unserem Wahlkampfteam arbeiten Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen. Mit serbischem Background arbeiten aktuell drei Personen in unserem Team und sind im Bereich Kommunikation und Mobilisierung tätig.
Ist der Dialog zwischen Belgrad und Priština möglich so lange der Kosovo die 100% Einfuhrzölle auf Waren aus Serbien aufrecht hält?
Die Einfuhrzölle sind ein klarer Verstoß gegen geltende Vereinbarungen und müssen schnellstmöglich abgebaut werden. Für einen funktionierenden Dialog müssen aber beide Seiten auf einander zugehen und einander auf dem Weg in die Europäische Union unterstützen statt hindern.
Ist ein Kompromiss möglich und notwendig oder sollen lediglich die Forderungen einer Seite akzeptiert werden?
Der Kosovo-Konflikt ist ein komplexes Thema, welches komplexe Lösungen braucht und sich leider schon seit Jahren zieht, sehr zum Nachteil der BürgerInnen in den beiden Ländern. Wir NEOS sind grundsätzlich immer dafür, dass man Probleme auf dem diplomatischen Weg löst und sehen hier die Zukunft von beiden Ländern langfristig innerhalb einer vereinten und friedlichen EU.
Sollten sich zusätzlich zur EU auch die USA und Russland zur Lösung des Konflikts einschalten?
Die Europäische Union soll und wird weiterhin unterstützend zur Seite stehen, um als unparteiische Vermittlerin gute Rahmenbedingungen für einen gelungenen Dialog zu schaffen. Dieses Angebot wurde in der Vergangenheit von Serbien und dem Kosovo angenommen und es ist im Interesse aller, dass das weiterhin passiert.
Angela Stoytchev, Die Grünen
Bundesgeschäftsführerin
Kennen Sie die politischen Anliegen, Bedürfnisse und Wünsche der in Österreich lebenden Serbinnen und Serben und wie lauten diese?
Wir pflegen einen regen Austausch mit allen in Österreich lebenden Bevölkerungsgruppen darunter auch mit den in Österreich lebenden Serbinnen und Serben. Österreicherinnen und Österreichern mit serbischem Migrationshintergrund wünschen sich, dass sie und ihre Kinder gesund in Wohlstand und Sicherheit aufwachsen können, dass ihre Kinder die gleichen und gerechte Chancen bekommen. Sie wünschen sich eine gute Bildung für ihre Kinder, unabhängig davon, welchen Bildungsstand oder welches Einkommen die Eltern haben. Ein Teil der in Österreich lebenden Serbinnen und Serben sind in prekären Beschäftigungsverhältnissen und daher auch stärker von Armut betroffen. Wir werden auch weiterhin gegen Armut in Österreich kämpfen und uns dafür einsetzen, dass jeder der in Österreich lebt für seine Arbeit auch fair entlohnt wird.
Welche inhaltlichen Angebote richtet Ihre Partei konkret an die Zielgruppe „Austro-Serben“ und warum sollten die in Österreich wahlberechtigten Serbinnen und Serben gerade Ihre Partei wählen?
Seit Jahrzehnten setzen wir uns für ein Österreich ein in dem jede und jeder unabhängig davon woher sie oder er kommt, die gleichen und gerechten Chancen bekommt. Wir kämpfen daher auch weiterhin gegen Ausgrenzung und Diskriminierung, für ein respektvolles Miteinander ohne Vorurteile egal welcher ethnischer Herkunft und für den Zusammenhalt in der Gesellschaft.
Mit welchen ethnienspezifischen Maßnahmen und Aktionen werben Sie innerhalb der Zielgruppe Austro-Serben für Ihre Partei und Politik und wie hoch ist der budgetäre Anteil, den Ihre Partei für diese Werbemaßnahmen in die Hand nimmt, im Vergleich zum gesamten Wahlkampfbudget?
Wir haben ein sehr knappes Wahlkampfbudget und haben keine spezifischen Maßnahmen oder Aktionen für diese Zielgruppe geplant.
Wie viele politische Amtsträger (Bürgermeister, Landtage, Nationalrat) mit serbischem Background gibt es in Ihrer Partei?
Wir setzen auf Vielfalt und Miteinander machen aber keine Unterschiede nach ethnischer Zugehörigkeit, daher wird das bei uns nicht erfasst.
Wie viele Personen mit serbischem Background arbeiten derzeit in Ihrem Wahlkampfteam und was sind deren Aufgaben?
Wir setzen auf Vielfalt und ein buntes Miteinander, aber wir unterscheiden unsere Mitarbeiter nicht nach ethnischer Zugehörigkeit, daher werden diese Daten nicht erfasst. Jeder der sich zu unseren grünen Werten bekennt ist bei uns herzlich willkommen unabhängig von seinem/ihrem Background.
Ist der Dialog zwischen Belgrad und Priština möglich so lange der Kosovo die 100% Einfuhrzölle auf Waren aus Serbien aufrecht hält?
Unser erklärtes außenpolitisches Ziel ist es, dass sowohl Serbien als auch Kosovo erfolgreich ihren Weg in die Europäische Union beschreiten. Wir sehen es daher als unsere österreichische Verantwortung im Rahmen einer erfolgreichen Nachbarschaftspolitik uns sowohl innen- als auch außenpolitisch dafür einzusetzen, dass möglichst viele Beitrittskapitel geschlossen werden. Dazu gehört ein gemeinsamer Dialog zwischen Belgrad und Pristina genauso wie der Abbau von Einfuhr- bzw. Strafzöllen, die auf dem Weg in die Europäische Union jedenfalls keinen Platz haben. Dialog ist wichtig und notwendig, um gemeinsam Schwierigkeiten zu überwinden und die Vereinbarungen des Brüsseler Abkommen vollständig auf beiden Seiten zu erfüllen.
Ist ein Kompromiss möglich und notwendig oder sollen lediglich die Forderungen einer Seite akzeptiert werden?
Das Wesen der Politik ist der Kompromiss. Es gilt daher auch in diesem Fall das Bestreben gemeinsam einen Kompromiss zu finden, der größtmögliche Akzeptanz von beiden Seiten erhält. In der Politik braucht es dafür oftmals auch Mut, um gegenseitig aufeinander zuzugehen.
Sollten sich zusätzlich zur EU auch die USA und Russland zur Lösung des Konflikts einschalten?
Sowohl Serbien als auch Kosovo liegen in Europa und es ist daher die Verantwortung der Europäischen Union sich ernsthaft und mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass der Integrationsprozess rasch vorangetrieben wird. Die Zukunft der Bürgerinnen und Bürger von Serbien und Kosovo liegt in der Europäischen Union und es ist unser Wunsch, dass das Priorität bekommt und sobald wie möglich erfolgt. Weder Serbien noch Kosovo dürfen zum Spielball nationaler Interessen einzelner Großmächte werden, daher sind wir gegen eine Einmischung der USA oder Russlands in die Lösung des Konflikts.